Dabei handelte sich um eine Burganlage, deren Hauptelement aus einem künstlich aufgeworfenen, sich konisch verjüngenden Erdhügel bestand. Das Baumaterial hierzu lieferte der Aushub des Grabens, der den Hügel ringförmig umschloss. Je nach Wohlstand und Bedeutung der Burgherren fiel die Größe des Hügels unterschiedlich hoch und breit aus. Auf der ebenen Gipfelfläche stand innerhalb einer Palisade als herrschaftlicher Hauptbau entweder ein hölzerner Turm oder ein hölzernes Haus. Archäologischen Befunden zufolge besaßen viele Motten auch am Fuß ihres Hügels eine weitere Palisade. Mischkonstruktionen aus Steinsockel und Holzaufbau sind nachgewiesen. Massive Steinaufbauten hingegen vermochte der händisch verdichtete, folglich wenig stabile Hügel nicht zu tragen. Erreicht wurde der Mottengipfel von der Vorburg über eine Brücke und einen steilen Holzsteg.
Um einen Teil des Hügels erstreckte sich die gleichfalls durch Graben und Palisade umwehrte Vorburg, die der wirtschaftlichen Infrastruktur diente und hölzerne Stallungen, Scheunen, Gesindehäuser, Werkstätten, Viehgehege, Gemüsegärten etc. aufnahm.
Motten waren als schnell und leicht, daher preisgünstig zu errichtende Burgbauten vor allem beim Niederen Adel geschätzt. Ihre Nachteile bestanden in der Kurzlebigkeit des Materials und in der erhöhten Brandgefahr. Wollte man sie in zeitgemäße Steinburgen umsetzen, musste man zudem neue Standorte wählen.
Motten lassen sich nur archäologisch erforschen. Die einzigen bildlichen Darstellungen liefert der um 1170 gewirkte berühmte Teppich von Bayeux.
Ein "Wasserhäuslein" für Dietmannsried
Ein dem Stift Kempten dienstverpflichteter Ortsadel ist für Dietmannsried 1251 mit Heinrich Voberger gesichert, existierte aber zweifelsohne schon zuvor. 1364 erscheinen die Rizner von Ueberbach, 1395 die Herren von Hirschdorf, 1403 die bürgerlichen Lauber aus Memmingen und 1478 die Rechberger auf Kronburg als Ortsherren. Die Motte wird 1512 anlässlich des Erwerbs durch das Stift Kempten als „Wasserhäuslein“, d.h. als kleiner, wasserumfriedeter Ansitz bezeichnet, war aber bereits 1583 – drei Jahre vor Erhebung des Ortes zu einem Marktflecken – im Verfall, da sie damals als Burgstall bezeichnet wurde. Der Begriff „Burgstall“ hat nichts mit dem Stall einer Burg zu tun, sondern bezeichnete damals eine abgehende Burg. Heute versteht man darunter den Standort – die Stelle - einer ehemaligen Burg.
Gemeinsam mit der Kirche bildete die Motte von Dietmannsried den Siedlungskern des hochmittelalterlichen Dorfes, das ab dem frühen 15. Jahrhundert auch eine Taverne, ein Badehaus, eine Schmiede und eine Mühle umfasste.
Der heute noch wasserumsäumte, kreisrunde Burghügel hat einen Gipfeldurchmesser von etwa 7 m, einen Basisdurchmesser von 14 m und eine Höhe von 4,5 m. Über seine Aufbauten wissen wir nichts. Die zugehörige Vorburg soll sich nordöstlich erstreckt haben, ging allerdings durch moderne Überbauung (Haus Nr. 6) völlig verloren. Dieses Schicksal erlitten auch Taverne und Bad. Im Jahr 2002/03 befreite die Marktgemeinde den Erdhügel von seinem dichten Bewuchs und erschloss den Burgstall auf eigene Kosten durch eine (2020 neu ersetzte) Infotafel. Damit war die Grundlage für den Erhalt des wertvollen Bodendenkmals geschaffen.
Dietmannsried besitzt im 3 km östlich gelegenen Weiler Haslach eine zweite vorzüglich erhaltene Motte, die sogar noch ihre Vorburg bewahren konnte. Dietmannsried ist mit seinen beiden Motten seit 2021 Mitglied der Burgenregion.
Bemerkenswert ist der Umstand, dass sich auf dem Gemeindegebiet weitere zehn Wehranlagen als Bodendenkmäler nachweisen lassen.
Text: Dr. Joachim Zeune